Otis (Asa Butterfield) und seine Mutter Jean (Gillian Anderson) ©Netflix

»Sex Education«

Wie fühlt es sich wohl an, der pubertierende Sohn einer arrivierten Sex- und Paartherapeutin zu sein? 

Otis Milburn (Asa Butterfield) ist auf den ersten Blick der klassische Außenseiter. Schüchtern, unscheinbar und sexuell noch völlig unerfahren. Jedenfalls, was die Praxis angeht. Theoretisch weiß Otis nämlich alles über Sex. Und das liegt an seiner Mutter Jean (Gillian Anderson) – einer bekannten Sextherapeutin. Mit der Anonymität ist es bald völlig vorbei, als das »Bad Girl« Maeve (Emma Mackey) das Potenzial von Otis erkennt und ihn dazu überredet an der Schule eine geheime »Sexualklinik « zu eröffnen. Plötzlich ist Otis selbst Sextherapeut und kümmert sich um die genitalen Belange seiner liebestollen Mitschülerinnen. Der in alle Richtungen explodierende Hormonwahnsinn der Teenies wird gnadenlos und rasend komisch erzählt.

Sex Education kennt keinerlei Schamgrenzen, doch unter der tabubefreiten Oberfläche verbirgt sich eine feinfühlige, bewegende Teen-Dramedy. Die Netflix-Serie schafft den schweren Spagat zwischen vulgärer Hormoncomedy, bittersüßer Melancholie und schmerzhaft ehrlicher Coming-of Age-Story mit einer verblüffenden Leichtigkeit. Showrunnerin Laurie Nunn weiß, dass das Offenlegen nackter Emotionen letztlich noch viel interessanter ist als das Offenbaren nackter Körper. Und so beschwört die Serie den Geist von John Hughes herauf – dem Großmeister der intelligenten Teenie-Komödie der 80er-Jahre. Allerdings werden die Archetypen und Klischees aus Filmen wie Ferris macht blau an allen Ecken und Enden in ihre Einzelteile zerlegt, neu zusammengesetzt und mit unerwarteten Wendungen versehen. Sex Education erfindet so das Genre zwar nicht neu, erzählt es aber so frisch, dass man glaubt, das alles zum ersten Mal so gesehen zu haben.

Ralph Glander


 

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